Ein richtiges Bewerbungsfoto

„Ungünstige Lichtverhältnisse!“ „kleine Augen!“ „Das Outfit!“ „Das hat kein professioneller Fotograf gemacht“. Stimmt, Recht hat er, der Headhunter. Sein freundlicher Rat, ein echtes Bewerbungsfoto zu machen, das den Sehgewohnheiten geübter Personaler genügt, motiviert mich erst mal zu einem ordentlichen Haarschnitt. „Wär doch schade, Herr Schmidt, wenn Sie wegen eines unvorteilhaften Fotos schon durchs Raster fallen. Achten Sie auch auf Konventionen. Sie wollen sich ja nicht nur bei Werbeagenturen vorstellen!“ Stimmt. Vielleicht lande ich ja als Personalentwickler im Maschinenbau? Oder als Coach in einer Privatkrankenkasse? Wer weiß? Nun, zuerst müssen die meine Bewerbung gut finden. Also auf zu Olaf, meinem Frisör im Univiertel.

„Tommy? Hallo? Wie siehst du denn aus?“ „Hey Olaf, alles cool, nein, ich will dir nichts verkaufen.“ Olaf wundert sich über mein Outfit, bis auf die Haare sehe ich schon aus wie ein Marketingvorstand in meinem Bewerberdress. „Wie immer?“ Ja, wie immer.“ Wir wollen ja nicht übertreiben.

Vor der Kamera zu stehen, im Studio eines Modefotografen, ist alles nichts Neues für mich mit meiner Vergangenheit in Kunst, Werbung und Popkultur. Heute bei Serge (Name geändert, klingt aber so ähnlich) ist es aber anders. Keine Inszenierung als exaltierter Ausdruckskünstler. Wir wollen Klischees bedienen! „Schultern zurück, große Augen, Brust raus, Kinn etwas mehr nach oben, halt, zu viel, okay, nach rechts drehen, nach links neigen!“ Hä? Wo bin ich? Bei einem Bewerbungsfotoshooting, Mann!

Das Ergebnis überzeugt mich, wow. Den Typen auf dem Foto, den würde ich voller Zuversicht in meine Seele gucken lassen. Ich würde mich von ihm begeistern lassen – für meine eigenen Fähigkeiten! Mit ihm würde ich mich selbst besiegen, wo immer ich mir im Weg stehe – der perfekte Trainer.

Bewerbungsfoto

Mach es!

Sommer 2004, während meines Kunststipendiums in Wien, Anruf von Johannes Grenzfurtner, halb zehn in der früh: „Du, Tommy, hab Terminstress, könntest du mir eine Vorlesung in der Technischen Universität abnehmen? Architekturstudenten, zum Thema Kunst im öffentlichen Raum.“ Vorlesung. Hm. Hab ja selbst nicht akademisch studiert. Egal, sowas lass ich mir nicht entgehen. „Klar, mach ich, kein Problem, wann denn?“ „In einer Stunde.“ „In einer Stunde? Bist du irre?“ „Hey, Tommy, kein Problem, du hältst einfach deinen Vortrag über limitierte Mobilität. Passt doch prima!“ Na gut. Alles klar. Ein riesiger Hörsaal und ein Dozent eröffnet die Veranstaltung mit dem Hinweis „Achtung, Prüfungsstoff!“. Es war großartig, die Studenten waren schwer beeindruckt, die Dozenten waren begeistert. Honorar gabs auch und die Einladung, jederzeit wieder Gastvorlesungen zu halten.

Klar, kann auch mal schief gehen so was, mein Seminar zum Thema Wirtschaftsmediation vor Juristen war ein Desaster. Aber Misserfolge gehören dazu! Es lohnt sich, Herausforderungen anzunehmen, Dinge zu tun, die man sich im ersten Moment nicht zutraut. Bei meinen Gastvorträgen in der Fachhochschule für Gestaltung in Augsburg, war ich schon fast routiniert.

Heute stelle ich mich mal ganz unverbindlich einem Headhunter vor. Mal sehen, was der mir so zutraut.

Bewerbungsvorschlag: Spielwarenladen!

Klar, Bezieher von Arbeitslosengeld bekommen auch mal Bewerbungsvorschläge vom Arbeitsamt (so hieß das früher). Und die hätten mich eigentlich schnell loswerden wollen sollen, weil ich als Ex-Manager den verdammt höchsten Höchstsatz bekommen habe! Hm.

Sommer 1998: „Rufen Sie mal da an, Geschäftsführungsstelle, Spielwarenbranche!“ Spannend. Märklin? Ravensburger? Lego? „Hallo, Spielwarenhandlung Müller, was kann ich für Sie tun?“ Hä? Spielwarenhandlung??? „Hören Sie, ich hab viele Millionen vercheckt, aber noch nie eine Registrierkasse bedient.“ In dem sehr freundlichen Telefonat mit dem kaum Zwanzigjährigen Inhaber stellte sich schnell heraus, dass ich seinen Job nicht wollte, er aber auch tatsächlich niemanden suchte: um bei der Bundeswehr Unabkömmlichkeit geltend machen zu können musste er nachweisen, dass er ernsthaft, aber erfolglos versucht hatte, Ersatz für sich zu finden. Es war in mehr als einem Jahr übrigens der einzige Vermittlungsvorschlag des Arbeitsamtes.DSC00043bearbIII

Stellensuche Teil I: Mögliche Arbeitgeber

So langsam interessiert mich natürlich auch die Frage: wo würde ich mich überhaupt bewerben, welche Unternehmen oder Institutionen kommen denn da in Frage und wie finde ich die? Wenn ich also im Bereich Weiterbildung, Training, Coaching, etc., sehr gerne in der Medienbranche, arbeiten will, dann sind das auf den ersten Blick wohl solche mit eigenen Programmen und Abteilungen für eigene Mitarbeiter, also große Betriebe. Oder Institutionen bzw. Firmen, deren Geschäftszweck genau das ist, also Weiterbildung, Training, etc. und die von Unternehmen, Einrichtungen wie Arbeitsagentur und dergleichen oder eben von den unmittelbaren Nutznießern wie Seminarteilnehmern, etc. beauftragt werden.

Eine überschlägige Recherche in Jobportalen brachte erst mal keinen großen Erkenntnisgewinn, weil da zu wenig aktuell ausgeschrieben ist, was genau meinen Vorstellungen entspricht. Und Kompromisse muss ich noch nicht machen, ich habe ja einen guten, ungekündigten Job!

Also habe ich einfach mal nach „Bildungsträger Medien“ gegoogelt. Und da kam dann schon einiges zusammen. Natürlich bundesweit sowie ein paar in Österreich und in der Schweiz. Aber München ist kein Ausschlusskriterium! Natürlich würde ich wegen meines Sohnes Louis, der bei seiner Mutter in München-Nymphenburg lebt, schon eine Stelle in München bevorzugen. Aber auch andere Städte wären mir recht, darauf darf es nicht ankommen.

Auch in meiner eigenen Biografie bin ich fündig geworden, immerhin habe ich meine Ausbildung zum Bankkaufmann in einem Berufsförderungswerk gemacht und an einem viermonatigen Kurs „Innovatives Managementtraining“ bei einem Münchener Seminaranbieter im Auftrag des Arbeitsamtes teilgenommen. Beide geben auch Kurse zu Medienthemen.

Eine Hürde könnte das Fehlen von objektiven Qualifikationsnachweisen, sprich Trainerlizenz, AdA-Schein (bescheinigt eine erfolgreiche Ausbilder-Eignungsprüfung zum Erwerb berufs- und arbeitspädagogischer Kenntnisse) oder dergleichen. Werde ich gegebenenfalls noch zu überlegen haben, ob ich den Aufwand und gegebenenfalls die Kosten für eine entsprechende Ausbildung tragen will bzw. kann.

Okay, ich werde mir das alles mal in Ruhe ansehen und melde mich dann wieder.

Muttertag!

Hallo Mama, alles liebe zum Muttertag!

Der Karriereamateur

Bin ja gerade sehr viel auf Karriereblogs und so unterwegs. Ziemlich beeindruckend, welchen Aufwand manche Mitmenschen so betreiben, um ihre Karriere zu planen und zu gestalten. Lauter Karriereprofis! So was bin ich nicht und so was werd ich nicht.

Ich bin und bleibe ein Karriereamateur!

Ich erinnere mich an ein Jahresgespräch mit einem ambitionierten Mitarbeiter, ich war damals Geschäftsführer eines IT-Unternehmens (eine Stelle, um die ich mich nicht beworben hatte, sonder die man mir angetragen hatte und die ich dann acht Jahre lang ausgefüllt habe). Dieser Mitarbeiter also, ein Softwareentwickler, legte mir eine meterlange Tabelle vor, die akribisch dokumentierte, welche Ziele er sich gesteckt hatte und in welchem Umfang er quantitativ und qualitativ diese nach eigenem Ermessen erreicht hatte. Respekt! Natürlich hatte er diese Liste auch fortgeschrieben und sein Anliegen war, mit mir zu besprechen, welche Bedingungen ich zu schaffen gedenke, damit die gedeihliche Entwicklung keine unschönen Irritationen erfährt. Diese Liste war von so ungeheurer Detailfülle, dass ich beargwöhnen musste, sie wäre in der Arbeitszeit entstanden bzw. hätte Arbeitskraft gebunden, die Kundenprojekten zugestanden hätten, was unweigerlich zu Lasten seiner Reputation ging.

Für mich als Werbetexter gehen Kommunikationsziele von Kunden eindeutig vor Karrierezielen, was bedeutet, dass es für mich bei der Suche nach der richtigen Kommunikationslösung keine Rolle spielt, ob ich mich dabei kreativ profiliere. Wahrscheinlich habe ich trotz unterentwickeltem Karrierebewusstsein doch relativ viel erreicht: weil ich in der jeweiligen Aufgabe voll aufgehe.

Auch in meiner künstlerischen Arbeit bin ich entsprechend kompromisslos. „Hey Tom, wir machen das mit deutschen Texten“, sagte der A&R-Manager bei CBS. „Vergiss es, Fitz“. „Sag mal, Tommy, für welche Zielgruppe hast du diese Geschichte geschrieben? Junge Erwachsene?“ fragte die Literaturagentin. Lady, ein Dichter schreibt nicht für Zielgruppen! „Deine Powerpoint-Performances solltest du zu deinem Markenzeichen machen!“ Höchste Zeit, andere Ausdrucksformen zu finden.

Hier noch eines meiner Werke aus den frühen Neunzigern. Mehrere Bandmitglieder haben übrigens Grammys gewonnen, die Top Ten aufgemischt oder vor mehr als hunderttausend Fans in Rio gespielt. Karriereprofis eben. Respekt!

CDCover

Mein Lebenslauf

Man muss sich ja nicht gleich bewerben, aber wenn man die eigene berufliche Situation mal kritisch betrachtet und im Zuge dessen Rat bei Headhuntern, Arbeitsagentur sucht, dann braucht man eine aktuelle und aussagekräftige Dokumentation des eigenen Werdeganges, den so genannten Lebenslauf.
Kein Problem, den hatte ich schnell heruntergeschrieben: ein paar knackige Bulletpoints als Meilensteine eines bewegten Lebens voller Abenteuer, Erfolge, Irrtümer, Pflichterfüllungen, Neuanfänge und routinierter Praxis. Anruf bei Claudia Ziehm, freie Journalistin mit den Themenschwerpunkten Ausbildung, Berufswahl und Karriere und – wie sich im Beratungsgespräch schnell herausstellte – mit einem sicheren Gespür für zielführende Kommunikation auf diesen Gebieten.
Wichtigstes Learning: Ein guter Lebenslauf ist kein seelenloses Factsheet zum lückenlosen Nachweis untadeliger Lebensführung. Nein, vielmehr ist der Lebenslauf das ideale Format für einen anschaulichen Nachweis über kontinuierlichen Kompetenzerwerb im Zuge von Aktivitäten, die für die neue Orientierung relevant sind. Danke, Claudia, für deine wertwollen Tipps. Der wichtigste hier kurz zusammengefasst:

Es gibt nicht DEN Lebenslauf: jeder Lebenslauf (genauer gesagt: Jede Dokumentation) sollte auf die angestrebte Tätigkeit hin ausgerichtet sein. In der Biografie erscheinen wo immer möglich Akzente, die erkennen lassen, dass die angestrebte Richtung auch früher schon eine Rolle in diesem Leben gespielt hat.

Erster Entwurf mit Anmerkungen von claudia Ziem

Erster Entwurf mit Anmerkungen von Claudia Ziehm

Lebenslauf Seite 1

Lebenslauf Seite 1

Lebenslauf Seite 2

Lebenslauf Seite 2

Lebenslauf Seite 3

Lebenslauf Seite 3

Sei Täter, nicht Opfer!

Ja, das ist mir auch passiert, auch ich bin in diese Falle gelaufen: den Job hingeschmissen und im Sondierungsgespräch für einen neuen Job dann auf die Frage der Headhuntern “Warum haben Sie denn die Geschäftsführung dieses wunderbaren Unternehmens niedergelegt” von den an mir verbrochenen Ungerechtigkeiten erzählt (@Hans und Helmut: es hat lange gedauert, bis ich einsehen konnte, dass auch ich Fehler gemacht hatte, die unser Verhältnis belasten mussten). Und dann kam natürlich prompt die nächste Frage: “Was macht sie denn so sicher, dass Ihnen das im nächsten Job nicht wieder passiert?” Hm. Glaubt mir, im Interview solltet ihr unbedingt vermeiden, euch als Opfer zu inszenieren, das will echt keiner wissen. Die Unternehmen wollen TÄTER, keine Opfer!

Zeugnisse

Ich habe ja selbst schon viele Arbeitszeugnisse ausgestellt. Aber erst in den letzten Tagen war mir aufgefallen, dass ich selbst ja noch nie eines bekommen habe. Noch nie! Nun die Agentur ist ja auch erst meine zweite Stelle und bei meiner ersten war ich ja selbst alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer und habe die zuständige Gesellschafterversammlung nie nach einem Zeugnis gefragt – fänd ich irgendwie auch komisch. Meine Ausbildung zum Bankkaufmann habe ich auch nicht in einer Bank, sondern in einem Berufsförderungszentrum für Behinderte gemacht, auch da gab es kein betriebliches Zeugnis.

Einerlei, jetzt hab ich mein erstes richtiges Zeugnis. Ein recht ordentliches Zeugnis, mit dem ich wohl zufrieden sein kann, wobei aber keine rechte Euphorie aufkommen mag, denn es besteht zum großen Teil aus Textbausteinen. Nun, da bin ich wohl selbst schuld, weil ich nicht warten wollte, bis mein Vorgesetzter aus dem Urlaub zurück ist. Schätze, der hätte noch ne persönliche Note reingebracht und mir vielleicht noch ein, zwei Superlative gegönnt.

Was mich aber so richtig, richtig rührt und stolz macht sind die Feedbackbögen, in denen mich die Teilnehmer meiner Inhouse-Seminare bewerten. Aktuell beträgt meine Durchschnittsnote 1,55, also „sehr gut“. Es macht mich glücklich, diesen Menschen was geben zu können und ich bekomme so unendlich viel zurück. Danke! Kein Arbeitgeberzeugnis kann das toppen!

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Wissen gilt mehr als Haben

Materielle Dinge gelten mir nicht viel und ich hab auch nichts und meine Söhne können da auch kaum was von mir erwarten. Geld gebe ich immer gleich aus, zum Beispiel für Zeitungen, Bücher und Museumsbesuche. Ich erzähle meinen Jungs Geschichten über Raumfahrer, Ameisenstaaten, Gewaltenteilung, Leonardo da Vinci, Tagebau, Dietrich Bonhoeffer und Biodiesel und versuche, ihnen ein Vorbild in Angelegenheiten geistiger Souveränität zu sein. Hier seht ihr mich mit Anton bei einem Gespräch über den Unterschied zwischen den Kiefern argentinischer Pflanzenfresser- bzw. Raubsaurier in einer sehr sehenswerten Dinosaurierausstellung im Lokschuppen in Rosenheim.

Dinoausstellung im Lokschuppen/Rosenheim

Dinoausstellung im Lokschuppen/Rosenheim